Das Dämmern der Welt – Werner Herzog
ISBN: 978-3-446-27076-3, CHF 26.90
Der Filmemacher und Autor Werner Herzog erzählt in «Das Dämmern der Welt» vom japanischen Offizier Hiroo Onoda, der kurz vor der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg den Auftrag bekommt, auf der Insel Lubang einen Guerilla-Krieg gegen die vorrückenden amerikanischen Truppen zu führen. Doch in den Tiefen des Dschungels und dessen Abgeschiedenheit erfahren Onoda und seine Gefährten nie vom Ende des Krieges und harren alleine auf der Insel aus, im stetigen Kampf gegen die philippinischen Truppen, die Natur und verwirrende Propaganda welche in den Dschungel dringt, bis 1974 Onoda als einziger Überlebender gerettet wird.
„Sie sind auf sich selbst gestellt. Von jetzt an gibt es keine Regeln mehr, Sie schaffen die Regeln.“
Onoda ist unbewegt. „Ja, Herr Major, Jawohl.“
„Ausgenommen einer Regel“, fährt Taniguchi fort, „es ist Ihnen nicht erlaubt, von eigener Hand zu sterben.“
Herzog hat diesen Mann, der sich jahrzehntelang im Urwald versteckte, persönlich getroffen, denn Onoda ist keinesfalls eine erfundene Figur Herzogs. Es gelingt ihm, die verwirrende Zeit im Dschungel flüssig und nachvollziehbar wiederzugeben und dies mit einem schnellen und präzisen Text. So hielten die Soldaten amerikanische Bomber, auf dem Weg in den Vietnam, für neuere Modelle im zweiten Weltkrieg oder zufällig gefundene Zeitungen waren gezielte Propaganda.
„Der Urwald erkennt die Zeit nicht an, als hätten die Beide wie sich fremd gewordene Geschwister kaum etwas miteinander zu tun, als kommunizierten sie höchstens in Form der Verachtung. Als ewige zeitlose Konstante würgt alles im Dschungel alles andere, um mehr vom Licht der Sonne zu erhaschen, und ob lichtlose Nächte dazwischenliegen, ändert nichts am unerbittlichen Präsens des Urwalds.“
Herzogs Erzählung ist dicht und bestechend und so wird gerade Onodas innere Zerrissenheit zu einer bildgewaltigen Geschichte über den Sinn und Unsinn des Seins. Mit kurzen, prägnanten Sätzen fühlt sich das Lesen des Buches wie ein Bericht direkt aus dem Munde des Soldaten Onoda an und ist trotzdem nicht lakonisch, sondern überzeugend persönlich und zurückhaltend lyrisch.
Buchempfehlung von Nicolas Gassmann
